Moonlight

In der Rezeption der Masse wird Moonlight in den nächsten Wochen den Wandel vom lieben Arthouse-Underdog zum überbewerteten Oscar-Champion erleben. Wer das ignorieren kann, sieht ein Meisterwerk.

Wer die Oscars zu ernst nimmt und sie nicht als das absurde Spaßevent erkennt, das sie nun mal sind, kann schnell mal den Kontext aus den Augen verlieren. Moonlight wurde dort nach einem bereits legendären Kuvert-Gewurschtel bekanntermaßen ja als Bester Film ausgezeichnet. Dass der Streifen von Barry Jenkins erst jetzt bei uns in den Kinos anläuft, ist also die perfekte Gelegenheit für das österreichische Filmpublikum die Knüppel auszupacken. Denn tatsächlich ist dieser Film wie kaum ein anderer fast schon prädestiniert dafür, vom besserwisserischen Kinobesucher fälschlicherweise das Prädikat “überbewertet” umgehängt zu bekommen.

Dabei würde sich die Geschichte durchaus zu einem effektiv manipulierenden Tränendrüsen-Reizer eignen, der dann auch die Masse überzeugen kann. In drei Episoden verfolgen wir das Leben von Chiron, der zunächst als kleiner Junge (Alex R. Hibbert) unter den Fittichen von Drogenboss Juan (Mahershala Ali) seine Homosexualität zu akzeptieren lernt. Als Jugendlicher (Ashton Sanders) verliebt er sich in seinen Mitschüler Kevin (zunächst Jharrel Jerome, später André Holland), den er als Erwachsener (Trevante Rhodes) noch einmal trifft. Über seinen Werdegang hinweg belastet ihn die Drogensucht seiner Mutter (Naomie Harris).

Nörgeln fehl am Platz

Moonlight zeichnet aber nicht nur eine recht ungewöhnliche Erzählstruktur aus, Regisseur Barry Jenkins findet auch innerhalb der Episoden eine extrem spannende Note. Die Dialoge weisen zwar eine hohe Authentizität auf, verzichten aber nicht auf einige direkte Momente, die umso stärker wirken. Wunderschön ist die Balance aus hohem Realismus und zutiefst poetischen Sequenzen. Repräsentativ dafür steht etwa ein herrlicher Moment zwischen dem kleinen Chiron und seinem Mentor Juan, der in seiner Inszenierung wohl nicht zufällig an eine Taufe erinnert.

Absolut lobenswert sind neben Drehbuch und Regie praktisch auch alle anderen Facetten des Filmes. Die Kamera traut sich energische Lebendigkeit ebenso zu wie bewusste Ruhe, während der Schnitt weit über das Durchschnittsmaß eines Charakterdramas hinausgeht. Schauspielerisch ist der Film ohnehin eine Wucht, was im Prinzip alle Akteure betrifft. Die nuancenreiche, aber ungute Naomie Harris und Mahershala Ali als ihr ruhiges Pendant haben aber ein Extra-Lob verdient.

Unterm Strich ist Moonlight ein praktisch fehlerloser Film, der wunderschön und extrem poetisch ist. Seine Qualitäten in Worte zu fassen fällt schwer, der hohen Dringlichkeit dieser Empfehlung soll dies aber keinen Abbruch tun. Wer hier aus dem Kino geht und das böse Wort “überbewertet” in den Mund nimmt, hat nicht ganz aufgepasst. Nörgeln kann man woanders.

Fazit (Michael)

Film: Moonlight
Rating:

Sehr Gut (4 von 5)

Moonlight ist ein tiefgehendes, poetisch inszeniertes Charakterdrama, das allen Vorschusslorbeeren gerecht wird. Versprochen!

Weitere Meinungen aus der Redaktion

Fazit (Anne-Marie)

Sehr Gut (4 von 5)

Fazit (Patrick)

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Sehr Gut (4 von 5)

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Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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