Barry Seal: Only in America (engl.: American Made)

Er liebt Amerika und Amerika liebt… na ja, ihn nicht direkt, aber sein Geld, seine Arbeit und vor allem die Macht, die er ausübt: Barry Seal, America’s Golden Boy.

Barry Seal (Tom Cruise) ist Linienpilot. Er wirkt eigentlich gar nicht so außerordentlich clever, war aber bester seiner Klasse und hat ein richtiges Talent für das Fliegen von Flugzeugen aller Art. Eines Tages kommt ein Mann, ein gewisser Schafer (Domhnall Gleeson), auf ihn zu, denn Barry hat schon seit einiger Zeit eine Minimalmenge Dreck am Stecken. Schafer wirbt ihn als CIA-Agent an, der über Südamerika fliegen soll, um kommunistische Rebellengruppen zu fotografieren. Barry, der nicht gerade ein ruhiger, besonnener Charakter ist, macht seine Sache so gut und riskant, dass die CIA ihn immer mehr und mehr in Ihre Tätigkeiten involviert.

Seal, der mehr von einem Strizzi als von einem kompromisslosen Gangster hat, führt die CIA aber schon kurzer Zeit an der Nase rum und fliegt Drogen direkt in die USA ein. Doch niemand kann ihm in die Quere kommen, denn genau das ist das Schöne an Amerika: Wenn du es irgendwie – auch nur am Rande – für die Good Guys machst, dann ist alles so lala-legal. Die Arbeitsgemeinschaft zwischen Drogenbossen Escobar & Co vertieft sich, die CIA greift immer wieder in sein Leben ein und nebenbei scheffelt Barry Geld en Masse.

Barry Seal: Only in America – © Universal

Regisseur Doug Liman erzählt eine sehr männlich dominierte Geschichte. Ein Mann & die CIA, also noch mehr Männer, und dann Männer im Urwald, rebellische Männer, dumme Männer, vermeintlich clevere Männer, selbstsüchtige und geldgierige Männer. Sie alle verbindet eins: Sie halten sich für unbesiegbar.

Eine Tatsache, die jedem einzelnen zumindest ein bisschen das Bein bricht. Doug Liman porträtiert seine Geschlechtsgenossen so wie sie sind, oft sehr mutig, aber dabei fürchterlich überheblich. Zu glauben, niemand könnte sie stürzen, ist der eingebaute Fehler im System. Dies ist die geplante Obsoleszenz, die einen Menschen auch irgendwann mal zum Fall bringt. Und weil Liman das begriffen hat, ist sein Film auch herrlich selbstkritisch und feiert Männlichkeit als solche kein bisschen.

Und wenn wir schon bei den Geschlechtern sind, Barry Seals Frau Lucy (Sarah Wright) kommt auch nicht gerade als Heilige aus der Sache raus. Sie steht der Sache sehr skeptisch gegenüber und es gibt sogar einen Moment in der Geschichte, wo man sich nicht sicher ist, ob sie weiter mit ihm gehen wird. Aber dann nimmt die Angst überhand. Die Angst vor einer Existenz allein, mit den Kindern. Die Angst davor, kein Geld mehr zu haben. Und im Endeffekt genügt sie sich mit dem Lebensmotto: Was ich nicht vollends weiß, macht mich nicht heiß. Das Geld ist da und auch ihr ehrlich geliebter Barry kommt immer brav nachhause.

Die westliche Welt, ein Spielball der Mächtigen

Liman feiert und verurteilt das Konzept Amerika und so auch die westliche Welt. Feiern tut er es, weil sein Anti-Held Barry Seal ein Selfmade-Gangster mit staatlicher Unterstützung ist, der schon nach kurzer Zeit nimmer weiß, was er mit dem ganzen Geldscheinen machen soll, die er auf seinem Grundstück versteckt hat. Gleichzeitig verachtet er Amerika. Er verachtet den Egoismus des CIA-Agenten Schafer, er verachtet die Leichtigkeit, mit der Illegalität zu einer täglichen Angelegenheit wird. Und er verachtet gewissermaßen auch seine Hauptfigur, die eigentlich ein kleines Würstchen ist, das auf großer Macker tut, während ihm die Knie schlottern.

Barry Seal: Only in America – © Universal

Und wisst ihr, was trotzdem ganz erstaunlich an diesem Film ist? Dass er, verdammt nochmal, so viel Spaß macht. Wenn ich sage Feelgood-Movie meine ich damit natürlich nicht die Geschichte per se, sondern einfach dieses beschwingte Gefühl, wenn man den Kinosaal verlässt und richtig gut unterhalten wurde. Limans Storytelling ist einfach große Klasse: Er nimmt sich an den richtigen Stellen Zeit und erhöht das Tempo gekonnt, wenn man nicht damit rechnet. Die Kameraeinstellungen zeugen von einem scharfen Auge und einer starken Vision. Oft sieht man die Figuren in Einstellungen, die in den Lehrbüchern als No-Go beschrieben werden: Folge deinen Figuren nie von hinten, wenn sie wichtige Dinge besprechen – check! Lass nie zwei ähnliche Einstellungsgrößen (z.B.: Nahaufnahme und Großaufnahme) direkt aufeinander folgen – check! Setze keine Großaufnahmen ein, wenn es darum geht, das Ganze Objekt zu zeigen – check!

Rebellieren mit Kameraeinstellungen

Limans rebellische Bilder verdichten die Atmosphäre des Filmes. Man fühlt sich in den richtigen Momenten noch näher am Geschehen. Natürlich streut er auch ‘korrekte’ Shots ein, schließlich ist das hier ein Kino-Blockbuster! Barry Seal: Only in America rauscht vorbei, bleibt konstant spannend und interessant. Doch auch bei diesem tollen Film schleichen sich ein paar ‘Fehlerchen’ ein. Hierzu möchte ich meinen lieben Kollegen Michael zitieren:

“Es ist ein Film über die amerikanische Arroganz, bei dem man sich nicht immer ganz sicher, ob er diese Arroganz selbst schon abgelegt hat.”

Ja, das kann ich nur unterschreiben, denn wenn sich die im Urwald lebenden Rebellen auf Barry schmeißen, um ihm die Sonnenbrille von der Nase zu reißen, dann schätzt man diese Leute nicht sehr. Und auch die Rolle der Frau ist trotz vieler positiver Momente eher lau. Kann man eine Frau so vollends zufriedenstellen, wenn man ihr Geld gibt, dass sie nie mehr Fragen stellt und ihren Mann auch nicht mehr kritisiert (was zuvor schon ein Thema war!)? Dies hinterfragt Liman ab einem gewissen Punkt des Films nicht mehr.

Seine Fehler macht Barry Seal: Only in America dann ein wenig vergessen, wenn die letzten Szenen des Films anlaufen und man merkt, dass die Leichtigkeit langsam verfliegt. Liman schafft es, noch ganz am Ende seines Film eine andere Stimmung rein zu bringen, die das tatsächliche Finale schmerzhafter macht, als man es sich hätte vorstellen können.

 

Fazit (Anne-Marie):

Film: Barry Seal: Only in America
Rating:

Sehr Gut (4 von 5)

Barry Seal: Only in America ist ein Film für die große Leinwand, der mit Details nur so gespickt ist. Man wird oberflächlich ein verdammt gute Zeit haben und danach über Amerika & die westliche Welt nachgrübeln – was will man mehr?

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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