Und in der Mitte, da sind wir

Und in der Mitte

Im Jahr 2009 kam es im Oberösterreichischen Dorf Ebensee zu einem Skandal: Während einer Gedenkfeier an die Opfer des KZ-Außenlagers stürmte eine Gruppe vermummter Jugendlicher unter Sieg-Heil-Rufen mit Softguns  auf den Platz und bedrohte die Besucher.

Diesen Vorfall nimmt sich nun der aus Gmunden stammende Regisseur Sebastian Brameshuber (Muezzin) als Sprungbrett für einen Dokumentarfilm, der drei Jugendliche aus Ebensee ein Jahr lang begleitet.

Hinweis:
Diese Kritik soll nur einen oberflächlichen Eindruck der Doku geben. Eine ausführliche Analyse sowie ein Interview mit Regisseur Sebastian Brameshuber wird es dann im nächsten Podcast geben.

Ins Kalte Wasser

Und in der Mitte 3

Konträr zu investigativen Dokumentationen, in denen wir einem Erzähler folgen, der Schritt für Schritt die Geschichte aufdeckt, wird man bei Und in der Mitte da sind wir ohne Vorwarnung hineingeworfen. Der vorhin erwähnte Skandal wird beispielsweise erst vergleichsweise spät angesprochen, da sich der Film zu Beginn genug Zeit lässt, um die ländliche Atmosphäre einzufangen. In diesen anfänglichen Minuten lernen wir die drei Protagonisten Michael, Andreas und Ramona langsam kennen, bevor die Vergangenheit des Dorfes die Handlung einholt und langsam zum Gesprächsthema wird.

Und in der Mitte, da sind wir ist definitiv ein Film, auf den sich das Publikum einlassen muss, anstatt den Zuschauer bei der Hand zu nehmen und durch die Erzählung zu führen zählen die Macher auf eine Zielgruppe, die sich innig mit diesem Thema beschäftigen will. Dies gilt besonders für jene ruhigen Sequenzen zu Beginn des Filmes, die viel Raum für Interpretation offen lassen, denn eines steht fest: allein die Auswahl der Bilder, die der Regisseur trifft erlaubt schon einen riesigen Spielraum für Analysen.

Dies hat natürlich den Effekt, dass der Film auf eine Art unzugänglich wirkt. Das Einfangen der Atmosphäre am Land ist zwar gefüllt mit scharfen Pointen (beispielsweise das traditionelle Ratschen, welches die Routine eines militärischen Marsches aufweist),  kann aber leicht das Ziel verfehlen, wenn man nicht weiß, was auf einen zu kommt.

Schon wieder Nazis?

Und in der Mitte 2

Letzten Endes entpuppt die Erzählweise sowohl als größte Schwäche als auch größte Stärke des Filmes. Denn besonders wenn es um das Thema Nationalsozialismus geht fühlt man sich in der österreichischen Filmlandschaft von allen Seiten belagert. Die vielfache Aufarbeitung führt leider oft dazu, dass Aufklärung – so gut sie gemeint ist – mit dem Holzhammer durchgeboxt wird sodass jegliche Komplexität aus unserer komplizierten Vergangenheit weicht.

Hier wirkt die distanzierte Inszenierung des Filmes genau diesem Effekt entgegen. Denn wir sind lediglich die Beobachter, die einen Ausschnitt aus dem Leben der drei Protagonisten sehen.  Zum Beispiel hinterlässt der Junge Michael mit dem Spruch „Nazis 4ever“ zu Beginn einen Eindruck, dass man schon fast versucht ist ihn als „den Nazi Jungen“ abzustempeln. Doch innerhalb des Jahres macht Michael eine erstaunliche Wendung durch, die man ihm zu Beginn vielleicht gar nicht zugetraut hätte.

Ein dreidimensionales Portrait der Charaktere sowie ihres Umfeldes ist letzten Endes der Grund, warum ein Besuch im Kino von Und in der Mitte, da sind wir für einige Diskussion sorgen wird.

Fazit:

Film: Und in der Mitte, da sind wir
Rating: Empfehlenswert

 User3.Leitner.Rating3.Recommendable.Frei.SmallUser1.Wolfgang.Rating3.Recommendable.Frei.Small 

Und in der Mitte, da sind wir ist einer jener Filme, der rein aufgrund seiner Thematik für genug Gespräch sorgt. Es handelt sich um einen Film, der ein gewisses Commitment von seinem Publikum verlangt und sich nicht bemüht, mehr Leute ins Boot zu holen. Doch letzten Endes ist diese neutrale Erzählweise der Grund, warum sich diese Doku von einem polemischen 90 Minuten Vortrag weit distanziert und für ehrliche und interessante Diskussionen sorgt.

Wolfgang Verfasst von:

Der Host des Flipthetruck Podcasts. Mit einem Fokus auf Science Fiction und Roboter sucht er ständig jene Mainstream Filme, die sich nicht als reine Unterhaltungsfilme zufrieden geben.

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