Lucy

In Luc Bessons neuestem Film wird die Titelheldin Lucy (Scarlett Johansson) das Opfer einer neuen Droge, die es dem menschlichen Gehirn ermöglicht, sein volles Potential zu erreichen.

Und wie Morgan Freeman in einer Univorlesung im Verlauf des Filmes erklärt, bedeutet die Meisterung des menschlichen Gehirns, dass Lucy nun Superkräfte besitzt.

Was folgt ist ein 90 minütiger Trip, an dessen Ende man noch immer nicht weiß, ob man nun einen brillanten Science Fiction Film oder den dümmsten Action Film des Jahres gesehen hat.

Menschen verwenden nur 10% ihres Gehirns… wer’s glaubt

Lucy 4

Anmerkung: Der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass die „wir benutzen nur 10% unseres Gehirns“ Aussage wissenschaftlich widerlegt und nicht ernst zu nehmen ist. Doch in einer Welt, in der wir akzeptieren, dass Spinnenbisse Superkräfte geben und ein Milliardär sich als Fledermaus verkleidet, wirkt Lucy nicht weniger weit hergeholt.

Als Lucy (Scarlett Johansson) gegen ihren Willen in einen Mafia Deal in Taiwan gerät hat sie noch keine Ahnung, was sich alles verändern wird. Eigentlich soll sie nur einen Koffer in einem Hotel abgeben, doch stattdessen findet sie sich in dem Hotelzimmer des Bosses Jang (Choi Min-sik) wieder.

Überzeugung furchteinflößend wird Lucy in diese grausame Unterwelt geworfen. Mr. Jang wird von Besson gekonnt kompromisslos und furchteinflößend dargestellt,  während Scarlett Johansson zeigt, dass sie sehr wohl auch in Action Filmen gut schauspielern kann, verglichen mit ihrer gelangweilten Performance in Captain America: The Winter Soldier.

Lucy wird als Testopfer einer experimentellen Droge missbraucht und nachdem ein Packet dieser neuwertigen Substanz in ihrem Bauch zwecks Drogenschmuggels versteckt wird, ändern sich die Dinge schlagartig. Denn zu den Nebenwirkungen der Droge gehört die Tatsache, dass die Hirnkapazitäten gesteigert werden. Und binnen weniger Stunden entwickelt sich Lucy vom verängstigten Opfer zur kaltblütigen Vernichtungsmaschine.

Wieder mal etwas von Luc Besson
Lucy 1

Luc Besson (Leon, Nikita) scheint jedes Jahr in so einigen Trailern auf, sei es als Produzent, Drehbuchautor oder gar Regisseur. Jedoch ist die Qualität seiner neuesten Produkte so unterschiedlich, dass man mittlerweile keinen Film à la Das 5. Element von ihm erwartet, wenn man seinen Namen liest. Doch Lucy bricht mit unserer Wahrnehmung des französischen Autors/Regisseurs/Produzenten und schlägt am ehesten in die gleiche Bresche wie jene Genrefilme, die ihn zum genau dem Kultregisseur werden ließen.

Gleich zu  Beginn nutzt Lucy seine FSK 16 Klassifizierung aus und bietet eine beklemmende und brutale Stimmung, die man mittlerweile eher mit Nicolas Winding-Refn (Drive, Only God Forgives) verbindet, sind doch Actionblockbuster mittlerweile das Äquivalent von Spielzeugsoldaten, die gegeneinander geworfen werden. Stattdessen ist der Anfang von Lucy blutig und beängstigend.

Doch dies heißt nicht, dass Besson hier einen tiefschwarzen Film abgeliefert hat. Auch in jenen Szenen, in denen Lucy das Opfer ist kann der Regisseur einer gewissen tragikomischen Inszenierung nicht widerstehen. Die Mafiosi sind derart ruchlos, dass man reflexartig nur lachen kann. Was wiederum nicht heißt, dass der Humor die Situation entkräftet. Vielmehr ist es eine grausame Doppelsituation in der Lucy ängstlich wartet während das Publikum schuldbewusst über jene Karikaturen lacht.

Als die ersten Minuten dieses Filmes bereits so widersprüchliche Emotionen in mir geweckt hatten, hatte ich schon mehr bekommen als erwartet, doch der wahre Film begann erst nach diesem kurzen Ausflug ins Winding-Refn Gebiet:

Tree of Life meets Nikita
Lucy 2

Sobald Lucy ihr hypothetisch nicht verwendetes Hirnpotential erschließt verwandelt sich der düstere Film in einen Superhelden Blockbuster, da Lucy telekinetische Kräfte entwickelt. Doch nicht nur das! Wie ein Univortrag von niemand anderem als Professor Morgan Freeman erklärt kann Lucy schon bald die Realität verändern. Und einen Fernseher am anderen Ende der Welt manipulieren ist da noch eine Kleinigkeit.

In der zweiten Hälfte des Filmes passiert schließlich nur mehr merkwürdiges Zeug. Zwar gibt es eine ganz klassische Handlung mit grobem Anfang, Mitte und Ende aber immer wieder bleibt der Film stehen, um die absurdesten Theorien in den Raum zu werfen. Diese variieren zwischen haarsträubend und legitim interessant. Während Autos herumgeschleudert, Internetleitungen visualisiert und USB Sticks gemacht werden, hat man letztendlich keine Ahnung, ob es sich hierbei um ein philosophisches Meisterwerk handelt oder ob Luc Besson beim Schreiben des Drehbuchs einfach zufällige Wikipedia-Artikel zusammenkopiert hat.

Moviequation:

moviequation lucy

Verdikt:

Film: Lucy
Rating: Sehr Gut

User1.Wolfgang.Rating4.Great.Frei.Small User2.Krammer.Rating4.Great.Frei.Small

Lucy ist ein erfrischend verrückter Blockbuster. Zwar bemüht sich das Marketing, die abstrusesten Ideen zu verschweigen, doch genau darin liegt der Spaß des Filmes. Ein konventioneller Actionplot verwickelt mit Tierdokus und merkwürdigen Gedankensprüngen machen den Film zu einem Erlebnis. Scarlett Johannson trägt den Film mit einer Lockerheit, die einen über die Tatsache, dass Marvel noch keinen Black Widow Film in Auftrag gegeben hat, wundern lässt.

Am besten mit vielen Leuten gemeinsam im Kino erleben und Spaß haben!

Wolfgang Verfasst von:

Der Host des Flipthetruck Podcasts. Mit einem Fokus auf Science Fiction und Roboter sucht er ständig jene Mainstream Filme, die sich nicht als reine Unterhaltungsfilme zufrieden geben.

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