Die beste aller Welten

Schön.

“Oag.” – Das erste Wort, das hier gesprochen wird, muss man fast schon als Prognose bezeichnen. Der 7-jährige Adrian ist aber nicht etwa über einen der zahlreichen Drogenexzesse seiner Mutter und ihrer Freunde entsetzt. Nein, “Oag” ist sein euphorischer Kommentar zum Fund einer alten Pfeilspitze. Denn Die beste aller Welten, zugleich Regiedebüt und Autobiografie des Salzburgers Adrian Goiginger, will weniger schockierender Drogenfilm als berührende Mutter-Sohn-Geschichte sein. Und das, soviel vornweg, gelingt ihm außerordentlich gut.

Aufgrund des ebenso persönlichen wie radikalen Entschlusses, eine Drogenabhängige als Heldin zu inszenieren, entwickelt sich zwangsläufig ein Film der Widersprüche. Während der kleine Adrian, seiner Unschuld sei Dank, eine Horde leiwander Leute erlebt, sorgt sich der Zuseher ob der vielen Suchtkranken im Umfeld eines Volksschülers. Erschreckendes und Wunderschönes tritt hier gerne abwechselnd, noch öfter aber zugleich auf. Ohne viel Pathos wird die Liebe zwischen Mutter und Kind als allem entgegen stehende Kraft inmitten des Chaos inszeniert.

Die seelenlose Putzbehörde

Die beste aller Welten - © Polyfilm
Die beste aller Welten – © Polyfilm

Die beste aller Welten legt aber auch auf der formalen Ebene einen beeindruckenden Balance-Akt hin. Neben herzzerreißenden, erschütternden Drogenszenen findet Goiginger immer wieder auch äußerst lustige Momente. Wenn der kleine Adrian sein Spielzeug – sprich Feuerwerkskörper – vor dem Sozialarbeiter verstecken muss, verkauft ihm das seine Mutter als Schutz vor der bösen, seelenlosen Putzbehörde:

“Und du muasst gonz nett zu denen sein. Weil die san eh scho orm gnug, weils ka Seele ham.”

Er ist radikal authentisch, ohne dabei auf sinnvolle Drehbuch-Mechanismen verzichten zu müssen. Neben dem uneingeschränkten Bekenntnis zum Dialekt ist hierfür auch die Kamera von Yoshi Heimrath und Paul Sprinz verantwortlich, die stets einen dynamischen Winkel finden, um Adrians Alltagsfantasien zum Leben zu erwecken. Die anfangs gefundene Pfeilspitze wird zum Ausgang einer Erzählung, die der Junge schreibt. Ein Abenteurer, wie er es später schließlich auch werden möchte, kämpft darin gegen einen bösen Dämon. Was als etwas plumpe Symbolik zur Drogensucht seiner Mutter beginnt, wird am Ende wunderschön in die reale Geschichte eingewebt.

God save the Altenberger

Die beste aller Welten – © Polyfilm

Bei all den guten Entscheidungen, die Goiginger getroffen hat, muss dennoch festgehalten werden: Ohne Verena Altenberger hätte das alles nur halb so gut funktioniert. Völlig zurecht mit dem Diagonale-Schauspielpreis ausgezeichnet, verkörpert sie die Mutter mit unheimlicher Intensität, ohne den Bogen je zu überspannen. Ob sie ihrem Jungen gerade erzählt, dass er das machen soll was er unbedingt will “und nit irgendwas, weil da irgendwer onderer des sogt” oder in völliger Verzweiflung “I konn nimmer” schreit – wir kaufen es ihr ab und haben nicht nur einmal Tränen in den Augen. Dass die teils extrem hohe Intensität stets nachvollziehbar und ehrlich bleibt, ist eben zu einem großen Teil auch ihr zu verdanken. Und natürlich dem jungen Jeremy Miliker, der die Rolle des Adrians so unschuldig anlegt, wie ein 7-jähriges Kind aus einem glücklichen Umfeld die Welt eben wahrnimmt.

Dass das Ende etwas plötzlich daherkommt, mag im ersten Moment irritieren. Andererseits kann man einer autobiographischen Liebeserklärung an die Mutter nur schwer zu viel Optimismus vorwerfen. So ist Die beste aller Welten ein emotionaler Pflichttermin. Man mag es zu oft behaupten, in dem Fall ist es aber besonders wahr: Wer den nicht schaut, ist selber schuld. Denn so was Schönes gibt’s selten.

Fazit (Michael):

Film: Die beste aller Welten
Rating:

Sehr Gut (4 von 5)

Die beste aller Welten ist eine absolute Schönheit von einem Film. So ehrlich und authentisch wird Optimismus selten inszeniert.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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