Ein kleiner Sherlock Auffrischer

Mit dem Start ins neue Jahr kommt auch die vierte und (voraussichtlich letzte) Staffel der BBC Serie Sherlock ins Fernsehen. Ein guter Grund, um mal alles wieder aufzufrischen.

Mit Sherlock gelang es den Produzenten Mark Gatiss und Steven Moffat den berühmtesten* Detektiv der Geschichte für ein modernes Publikum attraktiv zu machen und gleichzeitig der Romanvorlage von Sir Arthur Conan Doyle absolut treu zu bleiben. Zwar gibt es derzeit nur 9 Folgen (und ein Weihnachtsspecial), doch bei 1.5 Stunden pro Folge kann man schon mal vergessen, was alles passiert ist.

Aus diesem Grund gibt es rechtzeitig zur Premiere der neuen Staffel einen Auffrischungskurs von uns!

Staffel 1

The Great Game, Sherlock Season 1, © BBC One

In der Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) und John Watson (Martin Freeman) zusammenziehen und das erste Aufeinandertreffen mit Jim Moriarty (Andrew Scott) in einem Cliffhanger endet, bei dem man sich fragt:

“Na, wirklich jetzt?

Das ist doch kein Ende!”

Folge 1 – A Study in Pink

Die Folge, in der noch alles neu und Sherlocks asoziale Art unglaublich erfrischend ist. Besonders der Mörder, der sich als schwer kranker Taxifahrer (Phil Davis) entpuppt, ist immer noch eine der spannendsten Konfrontationen der Serie. Und auch wenn die Autoren vielleicht selber nicht genau wissen, was denn nun der Trick mit der Giftpille war, brummt der Kopf bei jedem Mal Schauen aufs Neue.

Folge 2 – The Blind Banker

Die Folge mit dem chinesischen Zirkus, die man immer wieder vergisst, wenn man sich fragt, was neben Moriarty noch so in Staffel 1 passiert ist. Mit lediglich 9 Folgen ist es schwierig von Trends zu reden, doch die zweite Folge der Staffel ist meistens die Folge, die für sich steht und nicht die größere Handlung vorantreibt. Vielleicht ist das der Grund, warum man diese eigentlich sehr lustige Folge, in der Watson von den Mördern sehr plausibel mit Sherlock verwechselt wird, am schnellsten ausblendet.

Folge 3 – The Great Game

Die Folge, in der Jim Moriarty auftaucht und so absolut nicht das ist, was man von einem Superbösewicht erwartet. Besonders wenn man Adam Scotts exzentrische Rolle mit dem Moriarty (Jared Harris) in den amerikanischen Blockbustern von Guy Ritchie vergleicht ist es umso erstaunlicher, wie mutig die Entscheidung war Sherlocks Nemesis als (fast) Witzfigur zu spielen. Denn Scotts Version ist trotz (oder gerade wegen) seiner merkwürdigen Ticks ein gruseliger Antagonist.

Staffel 2

The Reichenbach Fall, Sherlock Season 2, © BBC One

In der die Serie den Cliffhanger mit Moriartys Bombe recht plump löst und man sich freut, dass man für die Auflösung nicht über ein Jahr warten musste, sondern es gleich in einem Rutsch schauen konnte (gelobet sei die BluRay). Doch abgesehen davon verwenden die Macher in dieser Staffel alles, was in Staffel 1 funktioniert hat und verbessern den Rest sodass einfach alles passt.

Folge 1 – A Scandal in Belgravia

Die Folge mit den absolut genialen Szenenübergängen und Traumsequenzen. In der Sherlock von Irene Adler (Lara Pulver) ausgetrickst wird. Und während Irene Adler – die als The Woman bekannt werden soll – ihre Spielchen treibt plant Sherlocks Bruder Mycroft (Mark Gatiss) ein komplexes Täuschungsmanöver mit Leichen und einem Flugzeug, das man ohne Untertitel beim ersten Mal wohl schwer versteht. Dafür macht das erneute Anschauen umso mehr Spaß.

Folge 2 – The Hounds of Baskerville

Die Folge, die auf den ersten Blick nicht wirklich “Sherlock-y” scheint, aber eigentlich eine der wenigen Geschichten ist, in der Sherlock als Detektiv arbeiten muss. Für gewöhnlich löst Sherlock jedes Rätsel durch ein bisschen Nachdenken und kommt ohne Umwege auf die richtige Lösung, aber in The Hounds of Baskerville muss er mehrere Thesen probieren, bis er das Mysterium aufklärt und ist dadurch (trotz seiner übermenschlichen Intelligenz) eine weitaus realistischere Figur als gewöhnlich.

Die Folge ist insofern spannend, da Sherlock in der Buchvorlage Der Hund von Baskerville ernsthaft an der rationalen Welt zweifelt, was in einem modernen Setting doppelt schwierig ist.

The Hounds of Baskerville ist wohl der Sleeper Hit der Serie, auch wenn die Folge nicht Jedermanns Sache ist.

Folge 3 – The Reichenbach Fall

Die Folge, die das absolut perfekte, mutige und emotional aufwirbelnde Finale einer Spitzenserie sein kann, wenn man 30 Sekunden vor Schluss auf Stop drückt.

Staffel 3

The Sign of Three, Sherlock Season 3, © BBC One

In der sich die Hauptfigur vom sympathischen Außenseiter, zum bösartigen Menschen entwickelt während die Geschichte immer mehr Züge einer Telenovela annimmt.

Folge 1 – The Empty Hearse

Die Folge mit der die Serienautoren beweisen, dass sie von Lost gelernt haben: wenn die Fans schon lange hinter die plumpe Lösung des Cliffhangers gekommen sind, dann liefere einfach keine Aufklärung und grinse dabei selbstgefällig durch die vierte Wand ins Gesicht des Publikums. Mit Staffel 3 sind sich die Autoren ihrer Popularität bewusst und schreiben nicht mehr für die Figuren, sondern für die Fans. Wie schon bei Scrubs oder The Big Bang Theory ist bald der Punkt erreicht wo man nicht mehr weiß, ob Sherlock sozial ungeschickt oder einfach nur gemein ist. Aber wenn jemand seinen besten Freund glauben lässt, sie würden gleich sterben, nur um Watson danach auszulachen, dann ist wohl Zweiteres der Fall.

Folge 2 – The Sign of Three

Die Hochzeitsfolge, in der Sherlock eine Hochzeitsansprache für Watson und dessen Frau Mary (Amanda Abbington) geben muss und nebenbei einen Mordfall aufklärt. Eine Folge, die von der Struktur recht witzig ist, aber darunter leidet, dass Watsons Geliebte unglaublich blass ist und die Lösung des Rätsels, das drei scheinbar zusammenhanglose Flashbacks verbindet, recht schnell ersichtlich ist.

Folge 3 – His Last Vow

In der die Grenze zwischen Sherlock und James Bond zerfließt und Sherlock die größte Waffe der britischen Regierung ist. Gleichzeitig wird klar, wie wenig diese Figur mit dem Sherlock der ersten beiden Staffeln zu tun hat, wenn er den Bösewicht mit einem coolen Oneliner erschießt und dadurch mit Gewalt gewinnt anstatt seinen Intellekt als Waffe zu verwenden. Dass John Watsons Frau sich als Super-Auftragskillerin mit dunkler Geschichte entpuppt ist dann auch schon egal.

Und wenn am Ende dann die Rückkehr Moriartys angekündigt wird, hat man nach den letzten Cliffhangern wenig Hoffnung auf mehr.

Christmas Special – The Abominable Bride

The Abominable Bride, © BBC One

Die Weihnachtsfolge, die eigentlich als eigenständiges Abenteuer von Sherlock Holmes vermarktet wurde, sich aber als Inception-inspirierte Traummission entpuppt. Und auch wenn der selbstverliebte Meta-Dialog noch immer dominiert bietet die Folge doch mehr Ideen und Konzepte als die gesamte dritte Staffel. Interessanterweise ist auch die Holmes-Watson Beziehung herzhafter und besser ausgearbeitet als in der kompletten dritten Staffel.

Die Message über Gleichberechtigung ist ein lobenswerter Versuch, doch leider macht die predigende Art des Drehbuchs klar, wie schlecht die Autoren der Serie mit Frauenfiguren (mit Ausnahme Irene Adlers) umgehen können.

Trotzdem macht die Folge genug Spaß, dass man zumindest nicht ganz so pessimistisch auf Staffel 4 blickt, wie man es noch nach der dritten Staffel getan hat.

Staffel 4 

Sherlock Season 4 Promotional Image, © BBC One

In der Sherlock und Watson vielleicht zum letzten Mal Abenteuer erleben, da beide Schauspieler mittlerweile etwas teuer fürs Fernsehen sind. Man kann nur hoffen (aber nicht glauben), dass sie ein ähnlich emotionales Finale aus dem Ärmel zaubern, wie es am Ende von Staffel 2 der Fall war.

* Als Batman Fan muss man leider zähneknirschend anerkennen, dass Sherlock eindeutig der “World’s Greatest Detective” ist.

 

Wolfgang Verfasst von:

Der Host des Flipthetruck Podcasts. Mit einem Fokus auf Science Fiction und Roboter sucht er ständig jene Mainstream Filme, die sich nicht als reine Unterhaltungsfilme zufrieden geben.

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