Annabelle

Nach dem großen Erfolg von The Conjuring beschert uns das diesjährige Halloween mit Annabelle eine Art Prequel, das die Geschichte der in The Conjuring vorgestellten Puppe erzählt. Ob der Film wirklich mehr als nur ein 90 minütiger Trailer für den nächstes Jahr erscheinenden The Conjuring 2 sein würde, durfte aber mehr als bezweifelt werden. Schließlich war das Erfolgsteam des ersten Filmes bei Annabelle zum Großteil nicht an Bord.

Prequel als Sequel-Werbung

ANNABELLE

Wir schreiben die 60er Jahre, als das junge Ehepaar Mia (Annabelle Wallis) und John Form (Ward Horton) sein erstes Kind erwartet. Das Glück der beiden wird entscheidend erschüttert, als zwei Mitglieder einer Sekte ihre Nachbarn ermorden und auch die schwangere Mia attackieren. Obwohl die Geburt dennoch ohne Probleme über die Bühne geht und das Paar zum Überwinden der Ereignisse umzieht, wird Mia fortan von mysteriösen Ereignissen geplagt. Was die beiden nicht ahnen, ist, dass die seltene Puppe, die Mia von ihrem Mann geschenkt bekam, der Auslöser des Unglücks ist.

Es sagt eine Menge über den aktuellen Status des Filmbusiness aus, wenn man auch Horrorfilme bereits mit einer möglichen Fortsetzung im Hinterkopf dreht. So wurde im vorjährigen Horror-Hit The Conjuring wohl nicht ganz zufällig eine Puppe ohne weiteren Einfluss auf den Plot zum großen Mysterium hochstilisiert. Ein Jahr später ist genau diese Puppe eben Thema des Prequels, das allein mit der prominenten Platzierung in dem Erfolgsfilm bereits das bestmögliche Marketing serviert bekam. Da ist es dann auch relativ egal, dass der Cast von Annabelle nichts mit dem von The Conjuring zu tun hat und auch hinter der Kamera kaum Verbindungen zwischen den beiden Filmen hergestellt werden können. Einzig Kameramann John R. Leonetti ist wieder mit an Bord, versucht sich hier aber zum dritten Mal als Regisseur eines Spielfilms (davor The Butterfly Effect 2 und Mortal Kombat 2 – Annihilation).

As basic as it gets

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Aber über die Vorurteile ist nun genug gesagt, beschäftigen wir uns also mit dem Film selbst, den man eigentlich ganz gut auf den Punkt bringen kann. Annabelle ist der absolute Protoyp eines unoriginellen Standard-Horrorfilmes. Das fängt schon bei der Intro-Musik an, die einen ganz dringend daran erinnern will, dass man etwas Unheimliches sehen wird. Dazu kommt die Story, die sich aus ganz klassischen Elementen wie Satanismus oder eben unheimlichen Puppen zusammen setzt. Die Schockmomente selbst sind sogar Horror-Laien bestens bekannt und kommen ohne eigene Ideen aus. Enttäuschend ist das vor allem, weil man die so clever vermarktete Puppe eigentlich nie zu Leben zu erwecken vermag. Niemand braucht einen Shot, in dem der Puppenkopf plötzlich zwinkert oder sich mal eine Hand bewegt, aber irgendeine Art von Implikation wäre nett gewesen. Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn einem das vermeintlich größte Verkaufsargument des Filmes nicht einmal ein bisschen Angst macht, sondern einfach vollkommen kalt lässt.

Vielleicht wollte man aber auch die überraschend schwache Kameraführung nicht überfordern, denn bei der ein oder anderen Sequenz sieht Annabelle bedenklich stark wie ein TV-Film aus. Das ist jetzt kein Nörgeln auf hohem Niveau, sondern da scheint es trotz zwei vermeintlicher Kameraexperten (auch Regisseur Leonetti ist hauptberuflich Kameramann) bei der ein oder anderen Fahrt an Basics zu scheitern. Ein weiteres Problem ist die an einen Pop-Song erinnernde Struktur, bei der auf jeden Refrain erstmal wieder eine Strophe folgt und vice versa. Auf einen Horrorfilm umgemünzt bedeutet das eine ganz klare Unterscheidung zwischen gruseligen und nicht gruseligen Szenen, wenn doch die eigentliche Kunst des guten Schockers darin besteht, die Spannung ständig aufrecht zu erhalten.

Ein paar bescheidene Pluspunkte

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Trotzdem ist jetzt auch nicht alles schlecht, denn zum Einen sind die Schockelemente trotz ihrer fehlenden Originalität halbwegs effektiv. Außerdem sind zumindest zwei Qualitäten von The Conjuring übrig geblieben, nämlich die No-Bullshit-Einstellung gegenüber paranormalen Phänomenen und das Ausbleiben allzu irrationaler Charakter-Entscheidungen. Und den ausgelutschten “Niemand glaubt mir”-Winkel trotz klarer Vorlage mal wegzulassen, darf auch als kleiner Pluspunkt notiert werden.

Moviequation:

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Verdikt:

Film: Annabelle
Rating: Lauwarm

User3.Leitner.Rating2.Lukewarm.Frei.Small

“Annabelle” ist nicht furchtbar, aber viel mehr Positives lässt sich über diesen wohl schon bald in Vergessenheit geratenen Film leider nicht sagen. Dafür sind die Elemente einfach viel zu offensichtlich zusammengeklaut,  Angesichts der nicht vorhandenen Konkurrenz kann man ihm natürlich eine Chance geben, ein DVD-Abend ist zu Halloween aber mit Sicherheit die bessere Alternative.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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