Magic Mike XXL

Magic Mike verband dank Steven Soderberghs unnachahmlicher Souveränität pure Unterhaltung mit sozialkritischen Drama. Drei Jahre später ist der Starregisseur nur noch als Produzent (und unter einem Pseudonym als Kameramann und Editor) an Bord, aber auch die XXL-Fortsetzung des Stripper-Films hat seinen eigenen Charme.

Einwurf:

Doing Gender ist eine feministische Theorie, nach der sämtliche Geschlechter-Klischees nicht angeboren, sondern lediglich ein soziales Konstrukt sind. Es ist demnach auf die Gesellschaft zurück zu führen, dass sich z.B. Frauen tendenziell stärker für Mode interessieren und Männer eher für Fußball zu begeistern sind. Anders ausgedrückt gibt es keine biologische Erklärung dafür, dass sich die beiden Geschlechter – sofern man von einer solchen Dichotomie ausgeht – grundlegend unterschiedlich verhalten. Diese Rezension ist vor dem Hintergrund dieser Theorie verfasst. Einwurf Ende.

Klare Abgrenzung vom Vorgänger

Magic Mike XXL 1

Der ehemalige Stripper Mike (Channing Tatum) hat mit einer kleinen Tischlerei eigentlich angemessenen Erfolg, als ihn die Kunde von der Abschiedstournee seiner früheren Kollegen erreicht. Von seinem Alltag gelangweilt, packt ihn die Lust aufs erotische Ausziehen wieder. Spontan entschließt er sich dazu, seine alten Freunde auf ihrer letzten Tour zu begleiten und auch selber wieder die Bühne zu betreten.

Magic Mike XXL entfernt sich radikal von seinem Vorgänger. Soderberghs Original war im Grunde ein Liebesdrama, das mit vollem Ernst von den hässlichen Seiten des Stripper-Business erzählte. Unter der Regie von Gregory Jacobs ist die Fortsetzung hingegen eine Mischung aus Buddy-Komödie und reinem Fleischbeschau. Drohte im ersten Teil einer der Hauptcharaktere noch an seiner Drogensucht zu zerbrechen, sind Aufputschmittel in XXL plötzlich lustig. Das ist aber, falls es so klingen mag, überhaupt kein Problem, da der Stilwechsel so entschlossen durchgezogen wird.

Psychotherapeuten im Adamskostüm

Magic Mike XXL 2

Die neue Tonart wird gleich zu Beginn genial etabliert, als Mike das Fertigstellen seines neuesten Möbelstücks in einen Striptease-Tanz verwandelt, der so originell lächerlich ist, dass die Step Up-Macher eifersüchtig werden könnten. Auch im weiteren Verlauf ist der Film eigentlich immer dann am besten, wenn er sich am wenigsten ernst nimmt. So ist zum Beispiel auch ein Drogentrip relativ zu Beginn ein richtiger Brüller. Am Humor gibt es eigentlich nur zu bekritteln, dass den zu Beginn sehr witzigen Stripper-Szenen immer mehr die Ideen ausgehen.

Was den Film aber mindestens genau so auszeichnet wie die offensichtlich lustigen Momente, sind jene, bei denen die Trennlinie zwischen Ironie und Ernst nur schwer zu erkennen ist. So wird in XXL mit beeindruckender Konsequenz behauptet, Stripper wären quasi Psychotherapeuten. Denn sie nehmen ja armen Frauen, die im Alltag von ihren Männern gequält werden, ihre Sorgen ab. Ob die Autoren in diesem Punkt einfach den Bezug zur Realität vollkommen verloren oder bewusst die eigentliche Aussage des Filmes überzogen haben, bleibt auf amüsante Art und Weise vollkommen unklar.

Falscher Ansatz zur richtigen Zeit

Magic Mike XXL 3

Es ist aber eben auch klar, dass es im Grunde genau um das Verwischen der Grenzen. Wie schon im ersten Teil werden Männer auch hier so zu Objekten degradiert, wie das Frauen im wahren Leben leider viel zu oft widerfährt. Während genau das bei Soderbergh noch als Problem deklariert wird, soll XXL wohl eine Art female empowerement sein. Die Gequälten dürfen endlich auch mal quälen und das ist auch gut so. Gegen Ende wird mit Candy Shop einer der sexistischsten Radio-Hits des 21. Jahrhunderts eben genau nach dieser Logik umgedreht.

Hat man auch nur irgendetwas für die Doing Gender-Theorie über, muss man der Grundidee des Filmes eigentlich deutlich widersprechen. Denn ein Umdrehen um 180° bringt keine Lösung, sondern führt nur zum selben Problem mit neuer Rollenverteilung. Hier wird eine Aufstachelung betrieben, die Männer und Frauen noch stärker als zwei rivalisierende Parteien etabliert. Das ist, und das schreibe ich mit voller Überzeugung, der absolut falsche Weg. Als Mann ist das aber leicht dahin gesagt. XXL hat also eigentlich eine völlig kaputte Logik, passt als Gegenschlag der Frauen aber zu diesem Zeitpunkt in der gesellschaftlichen Entwicklung wie die Faust aufs Auge. Überzubetonen, dass er trotzdem von einer Horde an Männern produziert wurde, würde die Diskussion ad absurdum führen, als Randnotiz muss es aber angemerkt werden.

Um von dem feministischen Diskurs noch einmal zurück zum Film zu kommen: Dieser hat trotz seiner genannten Qualitäten natürlich auch einige Probleme, insbesondere bei der Erzeugung des Dramas. Manchmal gelingt ihm sogar so etwas absurdes, wie etwa die Sexprobleme eines Mannes mit Riesenpenis zu einer tatsächlich tragischen Geschichte zu machen. In vielen anderen Momenten fällt er aber einfach flach. Vor allem ein weiblicher Charakter (gespielt von Amber Heard) wirkt doch sehr unausgereift. Es ist zwar nett, dass sich der Film weigert, sie zu Mikes Love Interest zu machen, allerdings bleibt unklar, was genau ihre Rolle sein soll. Fast wirkt es so als hätte man nach dem Casting erkannt, dass eine Schauspielerin zu viel verpflichtet wurde.

Moviequation:

XXL_Moviequation

Fazit (Michael):

Film: Magic Mike XXL
Rating:

User3.Leitner.Rating3.Recommendable.Frei.Small
Empfehlenswert (3 / 5)

Magic Mike XXL ist auch auf seinem vermeintlich seichten Level nicht fehlerfrei, erreicht in Sachen Humor aber auch extreme Höhen. Außerdem ist er, obwohl die Moral etwas heikel ist und die Tiefe von Teil 1 bewusst reduziert wurde, immer noch ein Film, der mehr zum Nachdenken anregt als die durchschnittliche Hollywood-Komödie.

Weitere Meinungen aus der Redaktion

Fazit (Wolfgang):

Film: Magic Mike XXL
Rating:

User1.Wolfgang.Rating3.Recommendable.Frei_1
Empfehlenswert (3 / 5)

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Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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