Whiplash

Im Laufe der Viennale habe ich Whiplash gesehen. Damien Chazelle gibt mit Whiplash de facto sein Regiedebüt und dirigiert Miles Teller als jungen Schlagzeugspieler, der unter dem harten Regime von Jazzlehrer J.K. Simmons bestehen will. Was dabei herauskommt sind geladene Performances und ein Publikum das von den Musikstücken aufgeladen, vibrierend in den Sesseln sitzt.

Psychoterror für die Leistung

Der 19 jährige Andrew (Miles Teller) studiert auf einer der besten Musikschulen des Landes als Jazzdrummer und wird überraschend in die Klasse von Maestro/Drillsergeant Fletcher (J.K. Simmons) aufgenommen. Es beginnt eine Zeit der Demütigung und das Aufzeigen körperlicher Grenzen durch Fletcher, während Andrew verzweifelt daran arbeitet seinen Respekt zu verdienen.

Miles Teller und J.K. Simmons liefern unglaubliche Darstellungen der beiden Figuren ab, wobei Simmons die auffälligere Rolle spielt. Er ist ein verdammt amüsantes Arschloch, das für jeden seiner Studenten einen beleidigenden Spitznamen hat und seine Klasse mit Angst und Schrecken regiert. Augenkontakt der anderen Musiker ist dabei fast genauso selten, wie die Worte Good Job, die er als die schrecklichsten Worte der englischen Sprache ansieht.

Schlagzeug spielen tut weh

sundance - whiplash 1

Was man sofort merkt, wenn man Miles Tellers Performance als Andrew beim Spielen der Drums zuschaut, ist, dass es einerseits verdammt anstrengend ist und er sich dabei fürchterlich weh tut. Blut rinnt dabei genauso oft über die Drums, wie der Schweiß auf den Becken steht, die Packung mit Pflastern immer griffbereit.

Andrew ist ein Besessener, er kennt alle Stücke der berühmten Drummer auswendig, bis hin zum genauen Datum des Abends, an dem das Stück aufgenommen wurde. Als er erkennt, wie viel Zeit das Üben beansprucht, bringt er gleich mal seine Matratze in den Übungsraum im Keller zu seinem Schlagzeug. Dass das auch Einschnitte in seinem Privatleben erfordert, nimmt er gerne auf sich.

Bis an die Grenzen

*** Local Caption *** Whiplash, , Damien Chazelle, USA, 2013, V'14, Spielfilme

Die Studenten und insbesondere Andrew werden bis ans Limit der körperlichen Leistung und darüber hinaus getrieben. Die drei Drummer der Band werden stundenlang gequält, bis sie in der Lage sind das Tempo zu halten, auch wenn der Zuseher keinen Unterschied zu Beginn der Szene erkennen kann. Fletcher kann es und das ist alles was zählt. Da wird auch schon mal ein Sessel Richtung Kopf geworfen, wenn er sich ärgert.

Auch der Zuschauer bekommt den Stress und die Nervosität zu spüren, hoffend, dass es endlich jemandem gelingt die Forderungen Fletchers zu erfüllen, nur damit es vorbei ist. Viel zu sehr nehmen einen die Nahaufnahmen der blutenden Hände mit, die verschwitzten Gesichter und durchnässten Shirts, während die Uhr unverzeihlich die vergangenen Stunden anzeigt.

Wenn es dann soweit ist, dass Andrew einen Auftritt hat, sitzt man selbst genauso nervös im Kinosaal, wie er auf der Bühne – den drohenden Blick auf sich liegen spürend, welcher an die fürchterlichen Bestrafungen erinnert, die das Scheitern mit sich bringen wird.

Der Soundtrack

*** Local Caption *** Whiplash, , Damien Chazelle, USA, 2013, V'14, SpielfilmeDie Musik im Film wurde großteils von Justin Hurwitz geschrieben, Ausnahmen sind der titelgebende Song Whiplash und das wiederkehrend vorkommendende Caravan. Die Stücke haben eine unglaubliche Energie, der Fuß will einfach nicht stillstehen und lange nach dem Film wird der fünfteilige Soundtrack rauf und runter gehört.

Die Kamera und der Schnitt helfen dabei unglaublich mit. Mit schnellen Schnitten und Nahaufnahmen – teilweise auch Zeitlupensequenzen – wird man wahrlich reingezogen in den Jazz, selbst wenn man nicht besonders viel Ahnung hat davon.

Andrews Charakter

Whiplash2Was man im Laufe des Filmes mitkriegt, ist wohl, dass auch Andrews Charakter nicht der allerbeste ist, wenn er sich von einem schüchternen Junge, der gerne der Star wäre, zum ersten Schlagzeuger entwickelt. Beim Familienessen drischt er verbal auf den Quarterback aus der dritten Liga ein, wohl aufgrund lange angestauter Wut auf die Erfolge seiner Umgebung, die bisher nie seine eigenen Leistungen gewürdigt hat.

Ganz zu Beginn ist er mit seinem Vater im Kino, der sich dafür entschuldigt angerempelt zu werden. Das scheint eine Schlüsselszene für Andrew gewesen zu sein, kurz danach wird er von Fletcher persönlich ausgewählt und Andrew entschließt sich, mehr wie dieser zu werden als ein gutmütiger Latsch, wie sein Vater.

Nicht ernst zu nehmende Kritik

Als ich nach dem Film total geflasht aus dem Kino kam, hab ich mal versucht herauszufinden, was Leute an dem Film aussetzen könnten, wie man ihn versuchen wird auseinanderzunehmen. Gestoßen bin ich auf einen niedlichen kleinen Artikel von Sven von Reden, der anprangert, dass musikalisches Genie doch nicht durch Training allein zustande kommt, sondern durch das Umsetzen großartiger Ideen. Ja eh Herr von Reden, ist schon klar, doch wie ich aus Erfahrung sagen kann, bringt es auch nichts, gute Ideen zu haben und diese dann nicht umsetzen zu können (In meinem Fall heißt das allerdings Happy Birthday auf der Ukulele zu spielen). Wenn man aus Whiplash eines lernt, dann, dass Erfolg nicht vom Himmel fliegt, sondern man hart arbeiten muss, sogar als Künstler.

Auch kann man den Kritikpunkt nicht gelten lassen, dass der Film meint, die brutale Leistungsgesellschaft und mehr als fragwürdige Erziehungsmethoden wären schlussendlich doch wirkungsvoll und somit gerechtfertigt. Die Geschichte ist eine viel zu persönliche, die Charaktere dreidimensional genug und Damien Chazelle führt extra eine Ministory ein, damit genau diese Schlussfolgerung nicht als adäquat durchgehen kann.

Moviequation:

moviequation whiplash

Fazit (Patrick):

Film: Whiplash
Rating:

User2.Krammer.Rating5.Flipthetruck.Frei_1
Exzellent (5 / 5)

Whiplash ist ein grandioser und energiegeladener Film, der von den zwei Hauptdarstellern getragen wird und dank einem tollen Arrangement noch weiter im Ansehen steigt. Es gibt keinen Grund den Film nicht zu schauen, allein die Performance von J.K. Simmons ist, der wohl eine Nominierung für einen Oscar einheimsen wird, ist schon das Ticket wert.

Weitere Meinungen aus der Redaktion

Fazit (Michael):

Film: Whiplash
Rating:

User3.Rating.4.Great_low_res
Sehr Gut (4 / 5)

Fazit (Wolfgang):

Film: Whiplash
Rating:

User1.Wolfgang.Rating4.Great_.Frei_1
Sehr Gut (4 / 5)

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Patrick Verfasst von:

Autor, Editor und Podcaster er kann schon mal Blockbuster und Kunstfilme mögen, am Ende des Tages verliebt er sich aber meistens in die Indies. Wenn er einmal etwas in sein Herz geschlossen hat, verteidigt er es wie ein treuer Hund.

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